Achtsamkeitsübung: wie du deine Reaktion wählen kannst

Achtssamkeitsübung - den Raum zwischen Reiz und Reaktion gestalten

Mit„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ (Viktor Frankl).  Wie du den Raum zwischen Reiz und Reaktion erweitern kannst, zeige ich dir mit einer Achtsamkeitsübung, die nur wenige Sekunden dauert und die du im Alltag immer wieder machen kannst. Es wird allgemein angenommen, dass man besonders in Wut-Situationen nicht mehr die Wahl hätte seine Reaktion zu wählen. Angeblich würden einen die Emotionen dabei überschwemmen und die Reaktion erfolge quasi automatisch und unkontrolliert. Das stimmt so nicht. Denn man hat sehr wohl noch eine Wahl. Und die GFK hilft dabei, dass man selbst in Situationen, wo man sehr getriggert ist, noch eine Reaktion wählt, die niemanden verletzt, sondern achtsam und wertschätzend ist. Und zwar nicht nur dem Gesprächspartner gegenüber, sondern vor allem auch sich selbst.

SALUT – eine Achtsamkeitsübung

Ich will dir hier eine kleine Achtsamkeitsübung an die Hand geben, um dich in schwierigen Situationen in die Lage zu versetzen deine Reaktion zu wählen. Sie besteht aus 5 kleinen Schritten. Sie heißt: SALUT.

S = Stopp
Stopp! Innehalten! Wenn es dir möglich ist, dann halte körperlich inne. Noch wichtiger ist es aber innerlich einen Schritt zurück zu gehen!

A = Atmen
Atmen verbindet Körper und Geist. Wenn du bewusst atmest, merkst du, wie es dir eigentlich geht. Ein einziger tiefer, bewusster Atemzug reicht aus.

L = Loslassen
Statt gegen die Realität der Situation anzukämpfen, lasse zu, dass es jetzt in diesem Moment so ist wie es ist – zumal du ohnehin nichts mehr an der Situation ändern kannst. Die bösen Worte sind schon gefallen, der Bus vor deiner Nase weggefahren oder ähnliches. In ein paar Minuten wird es dir wieder möglich sein, eine Veränderung herbeizuführen, mit der du besser leben kannst – eventuell über die Schritte der GFK. Lass auch deine Gedanken und Gefühle so sein wie sie sind.

U = Sich Umsehen
Erweitere das Feld deines Bewusstseins über deine Atmung hinaus. Spüre deinen Körper als Ganzes: deine Haltung, deinen Gesichtsausdruck. Achte darauf, was um dich herum geschieht: Geräusche, Gerüche, etc.

T = ins Tun kommen
Was möchtest du jetzt tun? Was wäre jetzt hilfreich für dich? Anstatt mechanisch zu reagieren, kannst du neugierig und offen sein. Vielleicht wirst du sogar überrascht sein, was als nächstes passiert, nachdem du dir diese kurze Pause gegönnt hast.

Achtsamkeit bedeutet Dranbleiben

Das Zitat des Wiener Psychologen Viktor Frankl passt perfekt zur Gewaltfreien Kommunikation.  Denn die Gewaltfreie Kommunikation will nicht nur die Kommunikation verbessern. Gewaltfreie Kommunikation ist in meinen Augen viel mehr: nämlich ein Mittel zur Persönlichkeitsentwicklung. Das ist auch der Grund, warum du GFK nicht erlernen kann, indem du ein Buch liest. Auch der Besuch einer einzigen GFK-Veranstaltung wird nicht reichen, um dir die achtsame, liebevolle, zugewandte Haltung zu deinen Mitmenschen anzueignen. Indem du deine Haltung überdenkst und die eine oder andere achtsame Gewohnheit annimmst, entwickelst du dich weiter. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Deswegen ist es mit der Gewaltfreien Kommunikation genauso wie mit allen anderen Achtsamkeitsübungen: du musst dranbleiben.

Den Raum zwischen Reiz und Reaktion gestalten

Beobachten ohne zu bewerten, das ist der erste Schritt der Gewaltfreien Kommunikation. Dabei geht es darum, dass du den Raum zwischen Reiz und Reaktion gestalten kannst. Und genau darum geht es in meiner Achtsamkeitsübung. Du beobachtest, was um dich herum geschieht und was in deinem Körper geschieht. Danach kannst du wählen, was du willst. Indem du deine Reaktion wählst, übernimmst du die Verantwortung für deine Gefühle. Denn niemand sonst ist schuld, wenn du wütend bist oder traurig. Möchtest du die Situation sofort klären? Dann kannst du etwa sagen, dass du zuerst ein paar Minuten für dich brauchst und dann ein Gespräch folgen kann.

Bedürfnisse benennen

In der Zeit des Alleinseins kannst du dir überlegen, was du wirklich brauchst und warum dich die Situation so sehr getroffen hat.  Welche Bedürfnisse waren in der schwierigen Situation nicht erfüllt? Für die Klärung der Bedürfnisse ist die Bedürfnisliste sehr hilfreich. Je öfter du sie verwendest, desto mehr Bedürfniswörter wirst du parat haben.

Wie können Bedürfnisse erfüllt werden?

Im nächsten Schritt kannst du dir auch überlegen, was du deinen Gesprächspartner bitten möchtest. Eine Bitte kann eine konkrete Handlungsmöglichkeit beinhalten. Deine Vorschläge sollen aber nie Forderungen sein. Du darfst also nicht davon ausgehen, dass dein Gesprächspartner sofort zustimmt. Denn er oder sie will ihre Bedürfnisse auch erfüllt haben. Und dazu passt deine Strategie möglicherweise nicht. Denn der Gesprächspartner soll aus vollem Herzen zustimmen können und nicht weil er sich verpflichtet fühlt oder Konsequenzen fürchtet.

GFK funktioniert nur mit Offenheit

Im gesamten Vier-Schritte-Prozess der Gewaltfreien Kommunikation geht es um Offenheit. Offenheit für deine eigenen Gefühle, deine Bedürfnisse und für verschiedene Lösungsmöglichkeiten – nicht nur für eine einzige. Darüber hinaus fühlst du dich immer auch in dein Gegenüber ein. Welche Gefühle könnte er oder sie haben? Welche Bedürfnisse sind bei ihm nicht erfüllt? Dass das nicht leicht ist, wusste auch Marshall Rosenberg, der über die GFK sagte: „It’s simple, but not easy.“ Du behältst deinen Gesprächspartner immer im Auge und behandelst ihn genauso wertschätzend wie dich selbst. Das bedeutet Augenhöhe.

Achtsamkeit in der Kommunikation

Mit Achtsamkeitsübungen wie SALUT oder auch formalen Meditationen kannst du dir den Raum zwischen Reiz und Reaktion selbst schaffen. Das typische Ping-Pong eines Streits kanns du dir so ersparen. Daher sind Gewaltfreie Kommunikation und Achtsamkeit für mich so wichtig. Probiere Salut doch gleich aus und fühle, wie die Welle der Gefühle, die dich eben noch zu überschwemmen schien, langsam zurückzieht.