Geht es dir auch so? Du kommst in ein Haus oder eine Wohnung und fühlst dich sofort unwohl. So ging es mir beim Besuch bei einem Arbeitskollegen meines Mannes. Zwar liegt dieser schon einige Jahre zurück. Trotzdem erinnere ich mich daran besonders lebhaft.
Zu perfekt
Ich war sehr irritiert, weil die Wohnung superpenibel ordentlich aufgeräumt und geputzt war. Nirgends lag etwas herum: kein Buch, keine Zeitschrift oder ähnliches. Ich fühlte mich regelrecht fehl am Platz und traute mich nicht, mich zu setzen. Auch mit den angebotenen Getränken und Snacks fühlte ich mich unwohl. Schließlich hätte ich versehentlich Flecken machen können. Verstehe mich nicht falsch: auch ich mag mein Haus ordentlich und sauber. Aber diese Wohnung war zu perfekt.
Perfektionismus bedeutet sich verstecken
Ich finde, dass Perfektion nur dort etwas zu suchen hat, wo es um Leben und Tod geht, zum Beispiel in der Medizin. Im Alltag belastet Perfektionismus. Er sorgt dafür, dass du dich nicht so zeigst wie du bist. Es fehlt das Echte, die Ecken und Kanten. Das ist es, das mir in der Wohnung des Kollegen fehlte.
Fehlerlos durch Perfektionismus
Jemand, der perfekt sein möchte, glaubt, dass er nur geliebt wird und seinen Platz in der Gemeinschaft verdient, wenn er bestimmte Dinge ohne Fehler macht. Und das geht auf Kosten der Authentizität. Möglicherweise hält der Kollegen (oder seine Frau) seine Wohnung so überaus ordentlich, weil er noch die Stimmen seiner Mutter hört, die sagte: “Wenn du dein Zimmer jetzt nicht aufräumst, gehst du heute Abend nicht ins Kino.” Oder auch: “Ordnung ist das halbe Leben.”
Vermeiden von schmerzhaften Gefühlen
Solche Stimmen aus der Vergangenheit kennen wir alle. Es muss nicht ums Thema Ordnung gehen. Viele Frauen gehen nie ungeschminkt aus dem Haus. Zahlreiche Männer fühlen sich nicht männlich, wenn sie Gefühle zeigen. Auch dahinter steckt Perfektionismus. Beim Perfektionismus geht es darum, die scheinbaren Erwartungen des Umfelds zu erfüllen, weil man in der Vergangenheit selbst bei kleinen Fehlern kritisiert oder sogar bestraft wurde. Man hat die Erfahrung gemacht, dass Fehler nicht toleriert werden. Und daher tut man alles, um das zu vermeiden. Daher verursachen Fehler auch noch in der Gegenwart Gefühle von Scham, Beurteilung und Tadel. Das sind alles sehr unangenehme Gefühle. Deswegen wollen wir sie so selten wie möglich fühlen.
Perfektionismus und Selbstliebe passen nicht zusammen
Wenn du dich selbst dabei ertappst, dass du auf einem bestimmten Gebiet perfektionistisch bist, kannst du dabeibleiben. Oder du fragst dich, welches Bedürfnis du dir damit erfüllst. Ist dir Ordnung und Hygiene so wichtig, dass man bei dir vom Boden essen könnte? Vielleicht räumst du einfach gerne auf, weil du dich dabei gut entspannen kannst? Oder ist es doch die Erwartung deiner Mutter, die du noch heute erfüllst? In diesem Fall handelst du perfektionistisch. Mein Rat in diesem Fall lautet: Liebe dich selbst.
Sei die Person, die du wirklich bist
Du brauchst keinen Liebesentzug zu fürchten, wenn du keine Zeit hattest, dich zu schminken oder die Wäsche noch auf dem Ständer hängt, wenn Gäste kommen. Denn du hast es nicht nötig, dich zu verstecken. Wichtiger als Make-up oder Ordnung ist, dass du diejenige sein kannst, die du wirklich bist. Übrigens eignet sich die Gewaltfreie Kommunikation sehr gut dazu, dich zu zeigen und wirklich du selbst zu sein.
Verbinde dich mit deinen Bedürfnissen
Denn um dich zu zeigen, musst du deine Gefühle wirklich spüren und deine Bedürfnisse kennen. Nur wenn du mit deinen Bedürfnissen verbunden bist, kommst du in deine Kraft und strahlst auch mehr Selbstbewusstsein aus. Du bist der Mensch, der dich am besten kennt. Deswegen darfst du aufrichtig sagen: “Ich bin das Beste, was mir jemals passiert ist.” Dass du dich wirklich liebst und dir und deinen Fähigkeiten vertraust, wird nicht passieren, wenn du weiterhin die (scheinbaren) Erwartungen von anderen Menschen erfüllst.
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